Freitag, 29. Juni 2007

zwei Kurgeschichten die ich bekommen habe von einem Mann aus Koblenz

Kurzgeschichten die ich bekam:

Die Flut hat eingesetzt und die Wellen reichen
hoch an den
den Strand. Sie lässt sich zu Boden fallen, sitzt
einfach da
und sieht zu, wie das Wasser den Weg zu ihr bahnt,
sie
schliesslich erreicht und ihre Füsse umspielt...
das Wasser
findet immer einen Weg, lässt sich durch nichts
aufhalten...
sie wollte so gerne wie das Wasser sein, versuchte
es so
oft... doch sie kam nie an den Steinen vorbei, die
in ihrem
Weg standen... sie konnte nicht einfach einen
anderen Weg
suchen... sie liess sich in gesicherte Becken
lenken, von
ihrem Weg abbringen... sie liess sich anpassen und
verändern, so wie die andern sie haben wollten...
und mit
jeder Anpassung, jeder Veränderung starb ein Teil
mehr von
ihr, versiegte ein Teil mehr von ihr in der
trockenen
Erde... jetzt ist sie angepasst und so wie sie
sein soll,
wie alle es für rictig halten... immer höflich und
lieb,
stets ein Lächeln auf den Lippen... sie spricht
den ganzen
Tag über, all die nichtigen Dinge, die andere für
wichtig
halten... sie redet und redet, doch sie sagt
nichts mehr...
in ihr ist es still geworden, ist nichts mehr
vorhanden...
sie hat sich leergeredet und leergelächelt...

Das Licht vom Festland strahlt immer heller zu
ihr... wie
ein fernes Versprechen, eine Verlockung für sie...
lange
sitzt sie da, starrt nur auf das Meer hinaus, auf
das
Licht... es kümmert sie nicht, dass die Wellen
höher kommen,
sie längst schon erreicht haben, ihre Kleider
durchnässen...
der Wind ist stärker geworden... zerrt an ihrem
roten Haar,
an ihrer Kleidung... er wird härter, nicht mehr so
sanft und
zärtlich...
in dem Haus in der Ferne ist auch das letzte Licht
verloschen... nur noch das Licht dort am Festland
leuchtet
ihr... lockt sie...

Die Stille in ihr breitet sich aus... verbindet
sich mit der
Stille um sie herum... sie ist eins mit dem Wasser
das sie
umspült, eins mit dem Wind, der an ihr zerrt, eins
mit der
Dunkelheit um sie, in ihr... es scheint ihr als
würde auch
ihre letzte Kraft jetzt noch aus ihr fliessen, ins
Wasser,
in den Wind und in die Dunkelheit... jetzt ist
wirklich
nicht mehr da... die vielen Fragen, die sie oft
quälten,
nach einem Sinn, einer Regel... die vielen
ungehörten
Schreie, als die Zweifel... jetzt verhallt es für
immer in
der Leere und Stille in ihr... sie ist eins mit
dem Wasser
und will für immer dort sein...

Langsam steht sie auf, die Wellen reichen ihr
bereits weit
über die Füsse hinauf, ihre nassen Kleider kleben
schwer an
ihr... Schritt für Schritt geht sie weiter...
weiter auf das
helle Licht zu, dass ihr vom Festland
entgegenstrahlt...
immer höher steigt das Wasser, doch sie kümmert es
nicht...
sie ist das Wasser und zum ersten Mal fühlt sie
sich
wirklich frei, als sie Schritt für Schritt,
langsam,
bedächtig immer weiter dem Licht entgegen geht...
Langsam verlieren ihre Füsse den Halt am Boden...
doch sie
kümmert es nicht mehr, sie ist endlich frei... je
weiter
draussen sie ist, desto höher die Wellen, sie
schlagen in
ihr Gesicht... Doch sie kümmert es nicht mehr, sie
ist
endlich frei... keine Qual mehr... nie wieder
Lächeln, nie
wieder Lachen, nie wieder diese aufgesetzte
Höflichkeit...
nie wieder lächeln um nicht zu schreien... keine
der Fragen
wie jemals sie wieder quälen... es kümmert sie
nicht mehr,
sie ist frei, bereit für die Ewigkeit...

Und im nächsten Moment ist ihr die Ewigkeit ganz
nahe, sie
ist bei ihr, umschliesst sie sanft, hält sie und
wiegt sie,
zeigt ihr all die Antworten, die sie stets suchte
und doch
nie fand. Für diesen Moment sind all die Fragen
geklärt,
alle Mysterien dieses Lebens legen sich ihr offen
dar, alle
Unwissenheit, die jemals sie quälte, jede
Unwissenheit,
jeder ihrer verzweifelten Schreie nach einer
Antwort, einer
Regel, einer Ordnung in all diesem Chaos um sie,
einem Sinn
hinter all diesem Leid und der Traurigkeit, die
sie fühlte,
die andere fühlten, durch ihre Schuld...

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Leise zieht sie die Tür hinter sich ins Schloss...
keiner
soll aufwachen im Haus, keiner soll Fragen
stellen, wo sie
hingeht um diese Zeit, was sie machen wird, wann
sie
heimkommen wird... lauter Fragen, auf die sie
selber keine
wirkliche Antwort weiß und vor allem keine, die
die anderen
wirklich hören wollen würden... sie lauscht einen
Moment,
doch im Haus bleibt alles still, nicht einmal der
Hund ist
aufgewacht...
Die Häuser sind allesamt dunkel, alles hier
schläft schon
längst.... keiner sieht sie, als sie langsam die
Strasse
hinuntergeht, aus dem Licht der Laternen
verschwindet und
mit der Dunkelheit verschmilzt...
Leise, ausgestorben, liegt der Park vor ihr, von
dem
geschäftigen lärmenden Treiben am Tag ist nicht
mal mehr
eine Ahnung vorhanden... eine wundervolle Stille
breitet
sich aus, selbst die Seevögel, die tagsüber
unentwegt
schreien, sind nun verstummt... nur das leise
Rascheln der
Blätter im Wind ist zu hören und in der Ferne das
Rauschen
der Wellen, die an den Felsen zerschellen... die
Luft, der
Wind ist warm und trägt den salzigen Duft des
Meeres zu
ihr... sanft spielt er mit ihrem roten Haar,
sanfter als
jede Menschenhand es könnte, streicht er sanft
darüber,
zärtlich fast tröstend fühlt es sich an... alles
hier ist so
wunderschön und friedlich... sie möchte am
liebsten lachen
und weinen und schreien, alles auf einmal... sie
möchte die
Schönheit dieses Moments in sich aufnehmen, tief
in sich
erfassen, sie mit allen Sinnen fühlen und ein
Stück davon
für immer in sich behalten... sie möchte es
fühlen, möchte
endlich fühlen... weinen... lachen...
doch ihr Gesicht ist versteinert und ihre Gefühle
und ihre
Seele ebenso...
Den ganzen Tag über hat sie gelacht und gelächelt,
hat Spass
gemacht mit ihren Kameraden, hat sich mit ihren
Lehrern
unterhalten und den Leuten bei denen sie wohnt...
Immer
höflich, lieb und zuvorkommend, wie man es von ihr
gewohnt
ist und erwartet... bloss nicht mehr auffallen,
den Leuten
bloss nicht noch mehr Grund zum tuscheln geben,
darüber wie
sie aussieht, was sie hört, was sie sagt, was sie
denkt...
Das Lächeln ist schon längst auf ihrem Gesicht
festgefroern,
sie setzt es schon automatisch auf, wenn jemand
anderes
anwesend ist, nur nicht mehr auffallen, keine
angriffsfläche
mehr geben... und je grösser der Drang in ihr ist,
einfach
loszuschreien, desto mehr lächelt sie, in der
Hoffnung, das
Lächeln wird alles verdecken...
und wirklich, das Lächeln beginnt den Schmerz zu
verdecken,
es versteckt ihn und mit ihm alle Gefühle,
Gedanken... und
jetzt, da sie das Lächeln endlich ablegen durfte,
ist nichts
mehr da... sie ist einfach nur leer, nichts ist
mehr da,
wenn sie die maske ablegt... sie ist nichts...
sie ist wie betäubt, keine Gefühle, nicht mal sich
selbst
fühlt sie mehr... doch ihre Füsse bewegen sich wie
von
selbst mit unglaublicher Sicherheit auf das Ende
des Parks
zu und steigen bedächtig die alten, ausgetretenen
Stufen zum
Strand hinunter...

auch hier ist alles leer und still und die
Dunkelheit ist
überall... in der Ferne brennt noch Licht in einem
Haus und
vom Festland strahlt ein helles Licht über das
Meer hierher,
wie ein verlockendes Verpsrechen...

Leiste knirscht der Kies unter ihren nackten
Füssen, als sie
über den Strand geht, das Knirschen und das
unentwegte
Rauschen der Wellen sind die einzigen Geräusche,
die sie
wahrnimmt... sie hört nicht mal mehr sich
selber... schlägt
ihr Herz noch? Atmet sie noch? Sie hört es nicht,
weiß es
nicht und es ist ihr egal...

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